Sommer ohne Männer taz

Nach 15 Jahren Ärger und Enttäuschungen entscheidet unsere Autorin: Keine Männer mehr. Keinen Sex, keine Dates, keine Beziehung. Warum sie so glücklicher ist.

Von Laura Catoni / 4. Juli 2025
@taz.die_tageszeitung

AUSZUG „Und die Männer? Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Internet aufgeregt mit der Frage, ob die derzeit an einer „male loneliness epidemic“ (auf Deutsch: männlichen Einsamkeitsepidemie) leiden – auch weil sie keine Freundin mehr finden in einer Welt, in der Frauen ihre Ansprüche hochgeschraubt haben.

Eine These, bei der Christoph May nur den Kopf schütteln kann. Der Literaturwissenschaftler hat 2016 das Institut für Kritische Männerforschung mitgegründet und berät seitdem zu Themen wie Männerbilder und Kritische Männlichkeit. Dass es die „male loneliness epidemic“ gibt, bezweifelt May, und verweist auf eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, laut der junge Frauen zumindest in Deutschland häufiger von Einsamkeit betroffen sind als junge Männer. „In einer patriarchalen Gesellschaft aber ignorieren Männer diese Fakten, rufen indes eine männliche Einsamkeitsepidemie aus und fordern Mitleid, weil sie nicht darüber sprechen wollen, was die eigentlichen Epidemien sind, nämlich Sexismus, Misogynie und Gewalt an Frauen.“

Was Frauen aktuell auf Social Media über Männer im Dating und Beziehungen anprangern, findet May schockierend und augenöffnend. Wirklich überraschen sollten die Berichte aber niemanden. „Dass viele Männer beim Dating übergriffig sind und manipulieren, in Beziehungen den Mental Load ihrer Partnerin nicht sehen und ihr die emotionale Arbeit aufdrücken: Das ist ja alles nichts Neues“, sagt May. „Neu ist, dass Frauen das jetzt sichtbar machen.“

Durch Trends wie Hashtag#boysober spürten Männer zum ersten Mal, „dass ihr Verhalten Konsequenzen hat und sie für manche Frauen im Grunde keine Rolle mehr spielen“. Entweder sie folgten als Trotzreaktion darauf dem Beispiel von Andrew Tate, verhalten sich also erst recht mackerhaft und werten Frauen ab – oder sie machten sich die Arbeit, sich mit ihrer Misogynie auseinanderzusetzen.

Eine Auseinandersetzung, für die wir laut May auch an die Strukturen ranmüssen. Er fordert feministische Bildung für Jungs von der ersten Klasse an und die Bezahlung von Care-Arbeit. Darüber hinaus brauche es als Gegenentwurf zum aktuellen Männlichkeitsbild mehr Männer, die im Erzieher- und Pflegeberuf arbeiten und als Vorbilder auf allen Ebenen in Wirtschaft, Politik, Kultur, Sport und Medien ihren Anteil der Care-Arbeit übernehmen, drei Jahre in Elternzeit gehen und für die Karriere ihrer Partnerinnen ihre Arbeitszeit deutlich reduzieren.

Er freue sich über jeden Post auf Instagram und Tiktok, in dem Frauen ihre negativen Erfahrungen im Dating teilten, sagt Christoph May, betont aber: „Die Verantwortung dafür, dass heterosexuelle Liebe langfristig gleichberechtigter wird, liegt nicht bei den Frauen, sondern einzig und allein bei den Männern.“

taz Sommer ohne Männer – Die Liebe, die ich habe

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