Wer schweigt, stimmt zu
Ein Rant gegen männliche Abwehr
Beitrag von Christoph May für die Ausstellung Männerwelten 2.0 von Lila Podcast
„Ich fordere Euch hier und jetzt auf, sämtliche Männerrunden hinter euch zu lassen. Quasi Aussteiger-Programm für alle, die keine Lust mehr haben auf sexistische Bro-Kulturen, keinen Bock mehr auf hypermaskuline Macht- und Karrierespielchen, und die genervt sind von stumpfen oder archaischen Männer-Ritualen. Ja, die ihr immer gleiches Männerleben in der immer gleichen Männerwelt mit dem immer gleichen Männerkörper einfach leid sind. Und die nicht länger dabei zuschauen wollen, wie ihre übermächtigen Schweige- und Blockadekulturen alles verhindern, was die Welt gerade voranbringen würde: Klimaschutz, Diversität, intersektionaler Feminismus, soziales Engagement und so vieles mehr.
Die meisten Männer sind auch einfach emotional verarmt und schwer unterfordert von der kulturellen Armut, die ihre männerbündischen Monokulturen hervorbringen. Ihre emotionale Sprachlosigkeit ist legendär, der Katalog ihrer Abwehrstrategien historisch. Ich versuche also, die Kritik an Männern und Männlichkeiten zu beschleunigen. Weil mich so richtig nervt, dass Männer sich nicht in relevanter zahl am feministischen Diskurs beteiligen. Mich nervt es übertrieben, dass Männer sich nicht für Gleichstellung und Frauenrechte engagieren.
Wo seid ihr alle? Wieso schweigt ihr? Was los mit euch?
Ich bin wütend, dass ich in beinahe jedem Unternehmen und jeder Organisation erstmal gegen eine Wand aus Ignoranz und Leugnung und Abwehr und Relativierung renne, weil die meisten Männer schlicht kein Interesse daran haben, ihre Old-Boy-Netzwerke aufzubrechen. Keinerlei Interesse zeigen, ihre Privilegien abzugeben. Nicht das geringste Interesse, sich für die Rechte von Frauen, inter & trans Personen zu engagieren. Ich habe es so unfassbar satt, dass sich Männer als Opfer inszenieren, mir dauernd ungefragt ihre öde Welt erklären oder sich wieder und wieder und immer wieder passiv-aggressiv wegschweigen, hinaus stehlen, nicht teilnehmen, abtauchen, blockieren, von sich weisen, dagegen halten, kindisch, trotzig, beleidigt.
Nein, stattdessen unternehmen sie alles Männermögliche, um ja bloß nicht Gesicht zu zeigen. Bloß niemals Väter, Großväter, Söhne, Onkel, Freunde, Partner und Kollegen zur Rede stellen, kritisieren und zur Verantwortung ziehen. Von der katholischen Kirche bis Hollywood, von der FIFA bis zum DAX. Überall dort, wo Männer unter sich bleiben, entwickeln sich toxische Monokulturen, die Gift sind für Geschlechtervielfalt, Gift für die unzähligen Varianten sozialer Beziehungen und Lebensformen, Gift für diverse Erzählungen und kulturellen Reichtum.
Niemand, wirklich niemand interessiert sich ernsthaft für Männerfussball, Supermänner oder selbstfahrende Autos. Niemand für die nächste Star Wars Trilogie, virtuelle Realität oder Männer auf dem Mond, auf dem Mars.
Statt verzweifelt eure armseeligen Bullshit-Industrien am laufen zu halten, will ich euch auf der Straße sehen, will eure Stimmen hören, euren lautstarken Protest gegen Sexismus, Frauenhass, gegen Machtmissbrauch und Männermonotonie. Wir sollen dankbar sein, dass ihr euch mal langsam für eine ausdifferenzierte Gefühlssprache begeistern könnt? Solange ihr nicht gegen das Patriarchat mobil macht und wir uns statt Frauenquoten keine Männerlimits setzen, ist das nur eine weitere Farce, eine Täuschung, ein leeres Versprechen.
Wieso glauben die meisten Männer, Feminismus hätte nichts mit ihnen zu tun? Wir sind das Problem! Unsere Männerbünde sind das Problem. Unsere übermächtigen Schweige- und Bro-Blockaden bilden das Fundament für Frauenhass, Gewalt, Rassismus und Faschismus, für Verschwörungstheorien, Hate Speech und Mansplaining. Wenn wir das nicht aufbrechen, wer dann? Die Frauen? Die Anderen?“