Zart und frei – Vom Sturz des Patriarchats

Von Carolin Wiedemann Matthes & Seitz Berlin

Ich bin sehr proud, mit meinen Seminaren im neuen Buch von Dr. Carolin Wiedemann genannt zu werden. Gleich neben Blu Doppe von Queer_topia* und Andreas Hechler vom Dissens – Institut für Bildung & Forschung e.V.

Klaus Theweleit: „Eine beeindruckende und dringliche Analyse des Zusammenhangs von Antifeminismus und Gewalt heute – und eine Handreichung, was gegen beides zu tun ist.“

Hier ein paar Auszüge aus Kapitel 4.2. Kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit:

„So ähnlich sieht es wohl auch Christoph May. 2017 hat er die deutschsprachige Facebook-Gruppe Kritische Männlichkeit gegründet, in der sich mittlerweile mehr als 4000 Menschen über Sexismus austauschen. Die Beschreibung der Gruppe lautet: „Männliche Schweigekulturen aufbrechen & Kritik über Männer* & Männlichkeiten beschleunigen. Be excellent to each other!“. […]

Immer öfter spricht er auch in Unternehmen. Die Personalabteilungen, die ihn einladen, sagen, sie hätten schon diverse Trainings zu „Gender Equality“ angeboten, aber da seien meist nur die Frauen aus den Teams gekommen. An den Workshops von May, in denen es explizit um „Männlichkeit“ geht, nehmen dagegen auch Mitarbeiter teil. Da reden sie dann beispielsweise darüber, wie Männerbilder den Alltag aller bestimmen, wieso Frauen, vielleicht auch in dem Unternehmen, in dem der Workshop gerade stattfindet, weniger verdienen und warum sie, selbst wenn sie genauso im Beruf stehen, zuhause mehr Zeit für Care-Arbeit aufwenden.

Seine Workshops sind für alle Geschlechter offen. Reine Männergruppen würden immer automatisch Dynamiken und Kräfte reproduzieren, die typisch sind für Männerbünde, sagt er. […] May rät denen, die als Männer sozialisiert sind, auch jenseits seiner Workshops nichts mehr in reinen Männerkonstellationen zu unternehmen, z. B. nicht mehr nur mit Kumpels in die Kneipe zu gehen, und er empfiehlt Eltern, ihre Söhne nicht in gleichgeschlechtliche Fußballvereine zu stecken.

Christoph May erzählt aus seinen Workshops, dass viele cis Männer immer wieder die Effekte gesellschaftlicher Strukturen auf sich persönlich beziehen und sich angegriffen fühlen, wenn sie im Workshop gemeinsam bestimmte männliche Verhaltensweisen kritisch analysieren – obwohl sie diese Verhaltensweisen dabei auf patriarchale Strukturen zurückführen und nicht den Einzelnen anlasten. […]

Dieser hegemoniale Männlichkeitsanspruch erklärt nicht nur die Abwehr, von der May erzählt, sondern auch die Scham, die Hechler benennt. […]

So geht es in diesen Workshops, in allen drei Workshop-Varianten, die bisher vorgestellt wurden, um die Frage, wie wir leben wollen, wie wir miteinander kommunizieren, miteinander umgehen wollen und sollen, wie wir eben die gleiche Freiheit und Gerechtigkeit für alle schaffen können. Und dafür braucht es die Auseinandersetzung innerhalb von Gruppen, die nur aus cis Männern bestehen wie bei Hechler, genauso wie die in offenen Gruppen wie bei May und [Blu] Doppe, um Menschen die Möglichkeit zu geben, sich inspirieren zu lassen, ihre Identitäten zu politisieren und die historische Bedingtheit, die Gewordenheit der vermeintlich natürlichen Unterschiede zu reflektieren.“

Spitzentitel – Die Büchershow Der Spiegel

Auszug aus der Sendung vom 5. Februar 2021, ab 37:08min

Volker Weidermann Wobei ein Mann, der so einen Kurs besucht, der unter dem Titel Kritische Männlichkeit läuft, ist doch, glaub ich, schon ein sehr stark reflektierter, über seine Rolle sehr stark reflektierender Mann, oder wie gerät man da rein?

Dr. Carolin Wiedemann Also einer, der, sag ich mal, weniger voraussetzungsvolle Kurse anbietet, Christoph May, der in Unternehmen Kurse anbietet zum Thema Kritische Männlichkeit, der erzählte mir, dass zu Zeiten, wo diese Unternehmen Kurse für mehr Gleichstellung im Unternehmen angeboten haben, dann eigentlich nie Männer erschienen, sondern immer nur die weiblichen Mitarbeiter:innen. Und ab da, wo es hieß, wir machen jetzt Kurse, wo wir uns mit Männlichkeit befassen, kamen auch Männer. Natürlich haben sie gemerkt, da gehts ja auch um uns. Und das ist ja auch was sehr Schönes, was ich hier beschreibe, dass immer mehr Männer tatsächlich ja auch bereit sind, sich kritisch mit ihren Privilegien und mit der Selbstverständlichkeit, mit der sie diese Privilegien auch genutzt haben, auseinanderzusetzen. Und mit ihrem Habitus, der auch permanent diese Geschlechterordnung reproduziert und dadurch Frauen abwertet und alle anderen, die gar nicht in dieser Geschlechterordnung vorkommen, unsichtbar macht.

Spitzentitel – Die Büchershow Der Spiegel

Zart und frei – Vom Sturz des Patriarchats

Von Carolin Wiedemann Matthes & Seitz Berlin

„Es gibt derzeit kaum ein Thema, mit dem sich so viel Hass mobilisieren lässt wie mit Genderpolitik. Das Ressentiment reicht vom Spott über das Gendersternchen bis zu den Manifesten rechtsradikaler Terroristen. Carolin Wiedemann zeigt in ihrer eindringlichen Analyse, dass der antifeministische Diskurs ein zentrales Element des politischen Rechtsrucks ist – und bis in die politische Linke Sympathisanten hat.

Dagegen hilft keine individualisierte Verweigerung und auch kein neoliberales Durchschlagen, sondern nur kollektive queerfeministische Praxis. Die Autorin stellt neue (antipatriarchale) Beziehungsund Verhaltensweisen wie Co-Parenting und Post-Romantik vor, mit denen schon vielerorts ein zarter Umgang miteinander erprobt wird, der auch jene befreien wird, die noch immer unter Druck stehen, ihre Männlichkeit zu beweisen.

Eine radikale Analyse der Gewalt heutiger patriarchaler Herrschaft, eine Anstiftung zum rebellischen und zärtlichen Miteinander und ein Mutmacher für all jene, die sich seit Langem mit sexistischen Geschlechterverhältnissen auseinandersetzen, sie bekämpfen und ihnen im Alltag doch so oft nicht entkommen.“

Inhalt

Einleitung

1 Patriarchat

1.1. Kurze Geschichte der Patriarchatskritik

1.2 Postfeminismus, Neopatriarchat und die Rückkehr der Kritik

2 Antifeministische Mobilisierungen

2.1 Rechtsruck gegen den Feminismus

2.2 Bürgerlicher, pseudoliberaler „Gender-Wahn“

3 Kapitalismus und Patriarchat

3.1 Bürgerliche Gesellschaft: Zweigeschlechtlichkeit, romantische Liebe und Kleinfamilie

3.2 Kontinuitäten und Verwebungen

4 Beziehungen befreien

4.1 Queerfeministische Bewegungen

4.2 Kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit

4.3 Begehren nach Sex ohne Sexismus

4.4 Post-romantisches Lieben

4.5 Neue Familienbande: Zusammenleben jenseits der bürgerlichen Kleinfamilien

Schluss

Körper und die Sehnsucht nach dem Ende der Herrschaft

Dr. Carolin Wiedemann

@ca.wiedemann

Queer_topia* – Queer_feminist Workshops

Dissens – Institut für Bildung und Forschung

Matthes & Seitz Berlin

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