Mehr als Pfadfinder reloaded? taz

„Rudel“-Phänomen auf Social Media

Junge Männer treffen sich in abgelegenen Camps, um „männliche“ Ideale zu zelebrieren. In den sozialen Medien trifft ihr Marketing einen Nerv.

Von Lilly Schröder taz – Die Tageszeitung / 11. April 2024

AUSZUG „In Zeiten von beschleunigtem Feminismus provoziert das“, sagt May. Unter den Instagram-Videos hagelt es nur so Vorwürfe toxischer Männlichkeit: „Misogynie 101“ oder „Incel-Alarm“ lauten die Kommentare. Auch namhafte Feministinnen wie Sophie Passman @sophiepassmann und Tara-Louise Wittwer @wastarasagt kritisieren das Rudel: „Wissen diese Männer, dass sie sich auch einfach so treffen können, ohne in ein Bootcamp zu fahren und es Rudelbildung zu nennen? Ihr könnt euch sogar mit T-Shirt treffen“, sagt Wittwer.

„Kritik ist für das Rudel vielmehr ein Antreiber, noch mehr provozieren zu wollen“, sagt May. Das Rudel @dasrudel.network repostet sie und kommentiert: „Wenn sich Leute dir in den Weg stellen, ist das nur ein Zeichen dafür, dass deine Stimme gehört wird.“

Zu jeder Bewegung gebe es eine Gegenbewegung, sagt May: Je mehr repräsentative Räume Frauen und queere Menschen einnähmen, desto größer die Gegenwehr der Männer. „Eine Bewegung, die wieder viel Zulauf erhält und dessen Charakteristika das Rudel aufzeigt, ist die mythopoetische Männerbewegung der 1980er Jahre.“ Bei dieser Strömung wird unter Rückgriff auf archaische Männerbilder nach einer männlichen Identität gesucht. „Das hat schon immer polarisiert, aber früher gab es keine unmittelbare Sichtbarkeit“, sagt er. Durch die sozialen Medien habe sich das verändert.

Das Rudel ist kein Einzelphänomen. Im Internet wimmelt es nur so von Männerbünden. Das Problem sei vor allem ihre Reichweite, sagt May. Accounts wie „Männlichkeit stärken“, die angeben, „Experten für Flirten, Sex & Mannsein“ zu sein, folgen 7.000 Menschen, „Bali Time Chamber“, das damit wirbt, „die nächste Generation starker Männer“ zu schaffen, 240.000. Vor allem mit Blick auf die jüngere Generation sei das „höchst gefährlich“, sagt May.“

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