Warum sich Männer für Feminismus stark machen MyGiulia Magazin

Text und Protokolle: Viktória Kery-Erdélyi

Veröffentlicht am Freitag, 12. Januar 2024 auf myGiulia.de

Es gibt gar nicht wenige Männer, die feministisch ticken. Aber (noch) nicht so viele, die öffentlich dazu stehen. Neun haben wir gesucht und bewusst für Inspirationszwecke befragt. Eine sehr bereichernde Mission.

AUSZUG „Die Liste guter feministischer Bücher ist lang, das Wichtigste lässt sich aber richtig kurz auf den Punkt bringen: Feminismus steht für ein friedliches, gleichberechtigtes Zusammenleben. Und das Beste ist: Der Schuh passt den meisten Menschen prima und ist noch dazu sozusagen unisex.

Täglich begegne ich Männern, die beispielsweise als Väter längst die Ungerechtigkeiten gegenüber ihren Töchtern (und allem Weiblichen) begriffen haben. Aber Veränderung braucht mehr. Vielleicht Männer, die auch mal einen Schritt zurücktreten und öffentlich für den Feminismus einstehen?

Feminism is for everybody!

Wir haben neun solche Männer gesucht und gefunden, namentlich Thomas Meinecke @keplertm, Christoph May @detoxmasculinity, Manuel Rubey @manuelrubey, Romeo Kaltenbrunner @romeo_kaltenbrunner, Ali Mahlodji @ali.mahlodji.official, Paul Ivić @paul_ivic, Berni Wagner @berniwagner_comedy, Mario Depauli @stop.wien und Kushtrim Alili @tmblg. Sie sind zwischen 22 und 68 Jahre alt, und wir haben ihnen Fragen gestellt: Was bedeutet für dich Feminismus im alltäglichen Leben? Was liegt dir an der Erziehung deiner Töchter am Herzen? Wie reagierst du, wenn dein bester Freund mit bunt lackierten Nägeln aufkreuzt oder was nervt dich am Patriarchat?“

Christoph May, 44 |  Institut für Kritische Männlichkeitsforschung | lebt im Pfälzer Wald

Was bedeutet für dich Feminismus im alltäglichen Leben?

„In den Worten der Regisseurin Katharina Mückstein: “Die feministische Bewegung ist die erfolgreichste Bewegung des 20. Jahrhunderts.” Nur leider glauben die meisten Männer noch immer, Feminismus hätte nichts mit Ihnen zu tun. Wir sind das Problem! Traditionelle Männlichkeiten blockieren alles, was die Welt voranbringen würde: Gleichstellung, Diversität und Klimaschutz. Männliche Monokulturen bilden das Fundament für Misogynie, Gewalt, Rassismus, Faschismus, Verschwörungstheorien, Hate Speech und Mansplaining. Es sollte nicht die Aufgabe von Frauen und queeren Menschen sein, unentwegt gegen männliche Übermacht und Diskriminierung kämpfen zu müssen. Es ist unsere Aufgabe, die Welt vom Patriarchat zu befreien.“

2. Wann wurdest Du für feministische Themen und Probleme sensibilisiert und durch wen?

„Die ersten dreißig Jahre meines Lebens war ich vorwiegend in männlich dominierten Umgebungen aktiv. Erst durch mein Studium, meine Arbeit im Berghain und durch tausende Gespräche mit meiner Partnerin Stephanie May habe ich realisiert, wie umfassend die kulturelle und emotionale Armut war, in der ich sozialisiert wurde. Und vor allem, was ich alles verpasse! Zum Glück habe ich noch vierzig, fünfzig Jahre, um den Reichtum von weiblichen und queeren Produktionen, Erzählungen und Menschen kennenlernen zu dürfen. Mit unserem Institut wollen Stephie und ich die Kritik an Männern und Männerbünden beschleunigen und uns für die Rechte von Flinta*s engagieren. Feminismus ist eine Lebensaufgabe, ich stehe da erst am Anfang.“

3. Welches „gendertypische“ Verhalten beobachtest Du an Dir?

„Ich wünschte, ich wäre noch kritikfähiger. Ich will mich noch mehr zurücknehmen, zuhören, lernen und diverse Räume schaffen, in denen Männer sich mit der gewaltvollen und sexistischen Lebensrealität von Flinta*s auseinandersetzen. Ich meide Männer, wo ich kann, und will stattdessen mit Frauen und queeren Menschen zusammenarbeiten, Sie mir zum Vorbild nehmen, meine Verhaltens- und Beziehungsmuster feministisch ausrichten. Alles Männliche ist für mich uninteressant. Ich entfolge aktiv Männern, die sich nicht feministisch und intersektional engagieren. Und ich stelle meinen Medienkonsum auf Flinta*produktionen um, also Literatur, Musik, Filme, Serien, Kunst, Sport. Von deren Kritik an Männlichkeit lerne ich am meisten.“

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